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Die künftige Ausrichtung des Pools- und Maklermarktes

Es ist immer schwer in die Glaskugel zuschauen, aber wir können betrachten, wer heute an welcher Zukunft arbeitet, was die Motivation der verschiedenen Akteure ist und diese Entwicklungen zusammen mit den technologischen Rahmenbedingungen extrapolieren.
Fakt ist: Eine Reihe von Unternehmen arbeiten an zentralisierten Plattformen sowie Geschäftsprozessautomatisierungen, die das klassische Beraten (egal durch wen) ausstechen sollen. Wieso?

Weil die Vermeidung einer 1-zu-1 Beratung sowohl Produktgebern als auch Distributoren (Pools und Online-Vergleicher) Kosten spart, und sie ein automatisierter Vertrieb (z. B. per E-Mail oder Pushbenachrichtigung) unabhängig vom Tun und Lassen Dritter werden lässt. Aber als wichtigster Faktor steht im Raum, dass die klassische Beratung, daher eine persönliche Beratung, keine Skaleneffekte erlaubt. Hier sind zwar Mischformen vorstellbar, die einen Teil der Kundenerfassung und Lösungsfindung dem Menschen abnehmen, aber das kann niemals so kosteneffizient sein, wie Plattformen mit Selfservicegedanken.

Von Plattformen und Distributoren

Der heutige Makler übt vorwiegend den Verkauf über die klassische Beratung aus. Neben dieser Funktion als Absatzkanal, übt er eine weitere wichtige Funktion aus, das Kümmern. In diesem Rahmen befriedigt er auch als Ansprechpartner die emotionalen und menschlichen Bedürfnisse seiner Klienten. Aber braucht es für all das wirklich einen „Makler“ oder reicht hier eigentlich ein beliebiges menschliches Gesicht irgendeines Vertriebssystems aus, dass sich kümmert und „da ist“? Jetzt wird normalerweise auf das Vertrauensargument verwiesen, aber, Vertrauen entsteht, weil der Kunde meint gut beraten zu werden, dass kann jeder der mehr als einen VU im Angebot hat.

Wer also eines Tages die Daten in eine Plattformlösung eingibt und welcher Art sein Verhältnis zu VUs und technischem Dienstleiter (Distributor) ist, das ist beim Abverkauf fast irrelevant und daher der Kostenmechanik unterworfen. Rückschließend gewinnen daher mittelfristig die Anbieter, die es schaffen, eine Plattformarchitektur auf die Beine zu stellen, die weitestgehend automatisierte Kundenabfrage, Auswertung und Abschlusstrecken erlaubt, um Netzwerk und Skaleneffekte zu nutzen. Hier sollte noch unterschieden werden in Plattformen, wie Check24, die nur Abverkaufen (Distributor) versus Plattformen die ein Ökosystem anbieten, in welchem sich Produzent, Verteilereinheit (etwa Berater) und Endkunde bewegen. Letztere gibt es so noch nicht und sind eher eine lang gedachte Konsequenz.

Diese Zentralisierung hat auch auf die Produktgeber große Auswirkungen. Digitale Plattformen können für Anbieter und Hersteller häufig sehr viel besser den Kundenbedarf und Verhalten auswerten, als „kleine“ Verkäufereinheiten wie Makler oder die hauseigene digitale Vertriebslösungen der Produktgeber. Der Vorteil der Plattform liegt darin ein sehr viel genaueres Kundenbild zu besitzen als, derjenige der nur Bruchstücklösungen umsetzt. Wenn wir uns Plattformen als Vergleicher vorstellen, die aber auch den gesamten Kundenvertragsbestand und sein Kaufverhalten kennen, sowie Kundenkohorten bilden können, dann wird das Potenzial leicht begreiflich.

Was wäre nun, wenn diese Plattform nicht nur in einem Land aktiv wäre? Es mag sein, dass man eine deutsche KV nicht in Frankreich verkaufen kann, aber natürlich könnte man auf einer Plattform einmal eine KV in Deutschland und eine andere in Frankreich anbieten.
Es ist natürlich herausfordernd so eine internationale Plattform zu konstruieren, aber andere Bereiche, wie das Kreditwesen, beweisen im Kleinen, dass es möglich ist eine Vielzahl von nationalen Befindlichkeiten berücksichtigen. Hingegen bleibt die technologische Einbindung der VUs eine Herausforderung.

Natürlich sollte man wissen, dass die Voraussetzungen für internationale Finanzdienstleistungsplattformen sehr viel günstiger waren, als die im Versicherungswesen. Finanzakteure waren schon immer auf den Austausch von Zahlungsdaten und Kundeninformationen angewiesen und daher auch einer internationalen Regulierung unterstellt, die schnell in technische Standards mündete. Versicherer hingegen wollten und brauchten das nie. Mit der BiPRO-Norm zu Tarifierung-Angebot-Antrag wurde ein erster Grundstein gelegt.

Mächte im Wandel

Wie man erkennt wird der Makler nicht aus Bosheit „abgeschafft“, sondern sein Geschäftsmodell macht immer weniger Sinn. Das meint auch nicht den Kundennutzen, sondern die Kostenstrukturen des Modelles.

Es wird immer persönlich beraten werden, aber das Abrutschen des Maklertums in die Bedeutungslosigkeit im B2C (später auch im B2B) ist vorbestimmt. Das haben einige pfiffige Köpfe schon lange erkannt und schröpfen den Makler daher wo es nur geht, bevor er auf „natürliche Art und Weise“ sein Ende findet. Das einzige noch interessante am Standard-Makler ist nämlich sein Bestand und dieser wird als Waffe im Kampf der Distributoren gegen die Produktgeber benötigt. Wer hätte bloß gedacht, dass die ganzen verlockenden Verrentungsangebote und fancy Kunden-Apps doch nicht reine Nächstenliebe sind…

Was ist das für ein Kampf? Interessanterweise legen die gleichen technologischen Rahmenverschiebungen die den unabhängigen Wald-und-Wiesen-Makler gefährden, das Messer auch an den Hals der Versicherer.

Lieber Leser, wahrscheinlich wussten Sie das schon, aber um es mal brutal offen zu sagen: Niemanden interessiert das Brand einer Versicherung. Dem Endverbraucher würde nie einfallen sich für die „Apfelsinia“ zu entscheiden, weil er die so „cool“ findet oder die so schön groß und vertrauensvoll (?) ist. Der Kunde kauft was auf der Distributionsplattform „oben“ steht oder vom dem ihm seine Vertrauensperson sagt „Nimm das.“.

Der Kampf von dem wir sprechen ist einer den die Distributoren in einem anderen Geschäftsfeld schon längst gewonnen haben. Die Supermärkte, haben vor langer Zeit die Tante-Emma-Läden verdrängt und anschließend die Produzenten zu ihren Schoßhunden gemacht. Wer diktiert den Preis, wer entscheidet den Regalplatz? Nun es sind sicherlich nicht die Milchbauern, es sind die Verteiler.

Das Machtgefälle entsteht, weil ein zentraler Abverkauf immer den Distributor begünstigt. Das einzige Gegengewicht dazu ist die Kraft der eigenen Marke. Coca-Cola muss sich tatsächlich nicht von vielen Firmen etwas sagen lassen. Dem hingegen ist die Strahlkraft einer Versicherungsmarke bestenfalls gleichzusetzen mit Wurstmarken oder regionaler Milch. Schlimmer noch, da kann sich der Kunde wenigstens merken ob es ihm schmeckt. Bei Versicherungen ist er erst nach dem Erlebens- oder Schadensfall schlauer. Der Rückschluss ist, wenn ihm zentralisierten Abverkauf die Marke des Produzenten keine Rolle spielt, dann wird es die Marke des Distributors (Aldi, Lidl…) sein, die die Funktion des „Markenversprechens“ übernimmt. Axa? HDI? Alles Wurst.

Die Schaffung von Distributionsplattformen zum Abverkauf und damit das Eindämmen der Produzentenmacht sind mittelfristige Bestrebungen. Die langfristige Entwicklung besitzt ein anderes Kaliber und begünstigt Plattformanbieter, die nicht reine nationale Abverkäufer sind, sondern es schaffen die Produzenten, Verkaufseinheiten und Endkonsumenten in ihr System einzubinden. Die Systeme werden wahrscheinlich, ähnlich wie Amazon, einerseits als Verkäufer auftreten, aber andererseits auch „Händlern“ (also Verkäufern) Zugang erlauben.

Die zu erwartenden Rahmenbedingungen begünstigen dies wie folgt: Hoher Druck durch die Legislative (etwa EIOPA) und Marktteilnehmern (Distributoren) wird in standardisierten Schnittstellen münden (vielleicht wie PSD2).

Wir wagen eine ferne Zukunftsprognose

Dies ermöglicht letztlich internationale Bieterplattformen, auf welchen, wie im Online-Werbungssektor, Risiken und Teilrisiken gehandelt werden, voll automatisiert. Alles was dazu vorhanden sein muss, sind ausreichend strukturierte Informationen über das Risiko und der gewünschten Abdeckungsleistung.
Wer welche Teile des Risikos und für welchen Preis abdecken will, ermittelt die Plattform. Nach Ende der Vertragslaufzeit, wird das Risiko erneut automatisiert zum Gebot gestellt, weil die Plattform an jeder erfolgreichen Vermittlung verdient.

Hinzu kommen hochspezialisierte Partner für die Schadensbetreuung, die für die Risikobieterseite die Schadensbearbeitung übernehmen. Ein ähnliches Prinzip gibt es schon in der Schiffsversicherung, hier werden diese unabhängigen Schadensbetreuer „Claim Surveyors“ genannt. In diesem Modell ist der Distributor, der das Risiko erfasst und in das System einstellt, der Ansprechpartner des Kunden. Der Plattformanbieter diktiert jedoch die Regeln des Spieles.

In diesen internationalen System-Szenario werden tatsächlich unsere deutschen Pools, Online-Vergleicher, als auch Versicherer bedroht. Den einen entfällt die Geschäftsgrundlage, die anderen werden zu Milchbauern.

Was sich hingegen schon heute auf dem deutschen Markt abzeichnet ist ein baldiges Pool-Oligopol. Sowohl die Pools als auch die B2C-Onlinevergleichern streben danach „der“ neue Distributor zu werden, der durch marktbeherrschende Stellung im digitalen Geschäftsbereich die Produzenten gängeln kann. Während die Versicherer ihrerseits versuchen ihre aktuellen ca. 50% (je nach Sparte) Direktabschlussquote auszubauen, um genau das zu verhindern.

Das Problem der Versicherer ist, selbst wenn sie es schaffen die Bestände der Makler „zurück“ zu holen, fehlt ihnen die Manpower mit der höheren Servicelast fertig zu werden. Niemand wächst nach in dieser Branche und jeder Marktteilnehmer kann nur auf Automatisierung setzen, um die fehlenden Arbeitnehmer zu substituieren. Hier Punkten die besser digitalisierten Pools und Online-Vertriebe deutlich.

Bildlich gesprochen ist es ein Mexican-Standoff, in dem sich Pools, Versicherer und Online-Vergleicher alle gegenseitig mit einer Knarre bedrohen. Im Hintergrund aber, sind schon die Sirenen eines geöffneten Versicherungsmarktes zu hören. Und der Schweiß läuft ihnen über die Stirn.

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